(PN) 23.11.2017 – Der ehemalige amerikanische Außenminister, John Kerry, ist überzeugt davon, dass Israel keinen Frieden mit den Palästinensern will. Das zeigen Audio-Aufnahmen aus dem vergangenen Jahr, die jetzt erstmals bekannt wurden. Gleichzeitig lobt Kerry die Bereitschaft der Palästinenser, auf Gewalt zu verzichten.
Über die Existenz der Aufnahmen von ungewöhnlich kritischen Äußerungen des ehemaligen US-Außenministers zum Komplex Israel-Palästina berichtete in der vergangenen Woche der israelische Fernsehsender Kanal 10 . Dabei wurden auch die Aufnahmen im O-Ton gesendet. Nach Aussagen des Senders Kanal 10 stammen die Aufzeichnungen vom vergangenen Jahr, als sich in Dubai wichtige Politiker des Nahen Ostens zu einer Konferenz trafen.
In den Aufnahmen warnt John Kerry davor, die Geduld der Palästinenser überzustrapazieren. „Wenn man 40.000 Jugendliche sieht, die jeden Tag zur Sperranlage marschieren mit Schildern, auf denen steht: Gebt uns unsere Rechte! – ich meine, ich kann mir nicht vorstellen, dass Palästina auf Dauer immun gegenüber Bürgerrechtsbewegungen ist, wie sie in anderen Ländern der Welt aufgekommen sind. Und irgendwie ignoriert Israel das. Das zeugt nicht von Führungsqualität.“
Sofern Israel nicht ernsthaft beginne, einen Prozess der Versöhnung einzuleiten, fürchtet der ehemalige US-Außenminister, dass ein Krieg unmittelbar bevorstehe.
„Wenn man keine Führer hat, die wirklich Frieden wollen, wenn sich am Status Quo nichts ändert, würde es mich sehr wundern, wenn wir nicht in den nächsten zehn Jahren junge palästinensische Anführer sehen werden, die sagen: ‚Wir haben Gewaltlosigkeit in den letzten 30 Jahren versucht, und schaut, es hat uns nichts gebracht.'“, so Kerry.
In seiner Stellungnahme lobt der ehemalige US-Außenminister die palästinensische Führung. „Die Palästinenser haben ein außergewöhnliches Bemühen gezeigt, an Gewaltlosigkeit festzuhalten“, sagte Kerry. „Während der Intifada [2015] haben sie in der Westbank Gewaltlosigkeit aufrechterhalten. Das wird von der Mehrheit der [israelischen] Bevölkerung übersehen, weil es einfach kein Thema ist.“
Und Kerry fährt fort: „Warum? Weil die Mehrheit des Kabinetts der jetzigen israelischen Regierung öffentlich klargestellt hat, dass sie niemals einen palästinensischen Staat akzeptieren wird.“
Bereits im Dezember 2016, als noch amtierender US-Außenminister und nach drei fruchtlosen Jahren der Friedensbemühungen, hatte John Kerry die israelische Regierung kritisiert, sich in den Friedensgesprächen nicht ehrlich einzusetzen. „Freunde müssen einander auch harte Wahrheiten sagen“, führte er damals ergänzend aus, „und Freundschaft verlangt gegenseitigen Respekt.“ Die Äußerungen führten zu lautstarker Empörung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu.
In Erwiderung der neuerlichen Kritik von John Kerry erklärte ein Sprecher Netanyahus gegenüber dem Fernsehsender Kanal 10, an den stagnierenden Friedensgesprächen seien die Palästinenser schuld, wegen deren Verweigerung, „Israel in irgendwelchen Grenzen anzuerkennen“.
„Es ist schade, dass John Kerry das noch immer nicht kapiert,“ ergänzte Netanyahus Sprecher.