(PN) 27.11.2017 – Israelische Soldaten haben einem Bericht der palästinensischen Nachrichtenagentur Ma’an News Agency (MNA) zur Folge am vergangenen Donnerstag einen Müllwagen in Aqraba, einer Ortschaft südlich von Nablus in der Westbank, konfisziert.

Wie Youssif Deiriyeh, ein Mitglied des örtlichen Bürgerkomittees gegenüber MNA sagte, überfielen israelischen Soldaten den Müllwagen, der für zahlreiche Orte im südlichen Nablus unterwegs war. Die Armee sperrte alle Straßen vor dem Laster, konfiszierte ihn und fuhr ihn an einen unbekannten Ort.
Ein Grund für die Beschlagnahme des Müllwagens ist nicht bekannt. Das Mitglied des Bürgerkomittees wies aber darauf hin, dass die israelische Armee regelmäßig Müllabtransporte in Gebieten behindert, die sich in der Nähe illegaler israelischer Siedlungen befinden. Und dies selbst dann, wenn die Ortschaften in der Zone B liegen, die von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet wird.
So war laut dem Bericht des Bürgerkomiteevertreters vor drei Monaten ein Müllwagen im Bezirk Qabalan von israelischen Soldaten konfisziert worden, den die Armee bis heute nicht zurückgegeben hat. In der Folge stapelt sich seither der Müll in den Straßen der palästinensischen Dörfer und Orte, die bisher von dem Mülltransporter angefahren worden waren.
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Kommentar
Jens M. Lucke
Keine Frage, es gibt schlimmere Verbrechen, welche die Besatzungsmacht Israel in den von ihr illegal besetzten palästinensischen Gebieten ständig begeht – unaufhörliche nächtliche Überfälle auf Zivilisten in ihren Häusern, illegale Beschlagnahme von Schmuck, Wertgegenständen und Geld, Misshandlungen von Frauen und Kindern, tägliche Festnahmen von Unschuldigen, die ohne Rechtsverfahren und Anklage tage-, wochen- oder gar monatelang in Haft gehalten werden, oder sogar das Töten der Zivilbevölkerung. Allein in diesem Jahr haben israelische Soldaten nach jüngsten Angaben der Vereinten Nationen bereits 60 Palästinenser getötet, darunter auch 14 Kinder – das jüngste war 13 Jahre alt. Was ist dagegen das Konfiszieren eines Müllwagens? Eine Lappalie, könnte man meinen.
Doch die Behinderung und Verhinderung einer ordentlich funktionierenden Müllabfuhr in den palästinensischen Ortschaften folgt einem ständigen Muster und ergänzt gezielt die fortdauernde Drangsalierung der Zivilbevölkerung in den besetzten Gebieten. Während Israel nicht müde wird, zu betonen, dass man selbst dank Fleiß und Motivation eine blühende Wirtschaft aufgebaut hat – während die unfähigen Palästinenser in ihren Gebieten nichts erreicht hätten – verschweigt die Besatzungsmacht galant, dass sie genau diesen Unterschied mit ihren Drangsalierungen bewusst erzeugt.
Palästinensisches Agrarland wird konfisziert und zu militärischem Sperrgebiet ernannt, das die Eigentümer nicht mehr betreten dürfen – die illegalen Siedler von nebenan aber schon. Olivenhaine werden von palästinensischen Ortschaften abgetrennt, den Eigentümern nur nach Erteilen von Sondergenehmigungen zweimal im Jahr das Betreten erlaubt, und in der Zwischenzeit den illegalen Siedlern freie Hand beim Plündern der Olivenernte gegeben. Kommen sich die palästinensischen Eigentümer und die israelischen Diebe ins Gehege, schaut die israelische Armee in den meisten Fällen ungerührt zu, während die Siedler die Eigentümer der Olivenhaine angreifen, mit Steinen bewerfen und verprügeln.
Und während die zu bewirtschaftenden Agrarflächen in der Westbank verdorren und die palästinensischen Dörfer meist ohne Anschluss ans Wassernetz auskommen müssen, sprudelt auf der anderen Seite der von Israel illegal errichteten Trennmauer das großzügig abgeleitete Wasser reichlich in Swimmingpools und üppige Gartenanlagen. Zisternen, die den Palästinensern wenigstens ein bisschen Wasser geben könnten, werden obendrein von israelischen Soldaten immer wieder verseucht und zerstört.
So entsteht in den eigentlich den Palästinensern gehörenden Gebieten eine Zwei-Klassen-Welt, besiedelt von hemmungslos im Überfluss schwelgenden und von israelischen Soldaten beschützten illegalen Siedlern auf der einen – und ärmlich, um jeden Wassertropfen und minimalste Bewirtschaftung kämpfenden Palästinensern auf der anderen Seite. Das Selbstwertgefühl der palästinensischen Bevölkerung soll auf diese Weise, begleitet von dem mächtigen Protzen der illegalen Besatzungsmacht, auf einen Minimumwert reduziert werden. Eine Bevölkerungsgruppe ohne Selbstwertgefühl, das hat die Geschichte gelehrt, kann man allemal besser unterdrücken.
Das Konfiszieren von Müllwagen passt in genau dieses Schema und geschieht nicht von Ungefähr. Wenn sich der stinkende Müll in den Straßen palästinensischer Dörfer in der Westbank nur hoch genug stapelt, so wohl das Kalkül, wird sich die Bevölkerung schnell so vorkommen, wie es die israelische Rechte ohne Unterlass propagiert: wie Dreck, der keine Berechtigung hat, als zivilisiert anerkannt zu werden.
Und während in den illegalen Siedlungen in der Westbank die Straßen picobello sauber sind, kann sich Israel einmal mehr mit seiner Waffengewalt darüber mokieren, dass diese Palästinenser doch nicht wirkliche Menschen sind, die etwas auf die Reihe kriegen, und die man respektieren kann. Sie räumen ja nicht einmal ihren Müll weg. Wie gut sind da doch die hochzivilisierten Israelis, die es nie zu stinkenden Müllbergen in ihren Siedlungen kommen lassen würden.
Wie nennt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu seine Besatzungsmacht gebetmühlenhaft noch gleich? Richtig: „Die moralischste Armee der Welt.“
So reden illegale Besatzer, die es besser wissen.
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