(PN) 24.12.2017 – Israelische Grenzpolizisten haben am Freitag in al-Bireh nahe Beit El in der Westbank brutal auf Journalisten und Sanitäter eingetreten, die am Rande einer Demonstration zugegen waren. Mehrfach traten Grenzpolizisten anwesenden Fotojournalisten in deren Kameras, bedrohten sie mit Maschinengewehren und feuerten Tränengasgranaten zwischen sie. Sanitäter von der Organisation Roter Halbmond, die einem Verletzten zur Hilfe eilen wollten, wurden ebenfalls massiv bedroht, mehrfach getreten und mit Gewehrläufen traktiert.
Die Szenen, die sich an einer Straßenkreuzung abspielten, an der israelische Grenzpolizisten vor einer Woche einen 18jährigen Palästinenser vor den Augen der Presse extralegal exekutiert hatten, waren chaotisch. Die israelischen Polizeikräfte hatten offensichtlich weder Kontrolle über sich noch einen Plan. Wahllos traten Grenzpolizisten in die Menge von Journalisten und in deren Kameras oder bedrohten sie mit Maschinengewehren. Als die Sanitäter mit einer Trage kamen, um den Verletzten zu bergen, gerieten die Grenzpolizisten völlig außer sich und traten und prügelten auf die Sanitäter ein, die unter Lebensgefahr den Rückzug antreten mussten.
Sowohl die Presse als auch medizinische Organisationen wie der Rote Halbmond dürfen in Krisen- und Kriegsgebieten nicht attackiert werden. In dem von der Organisation ActiveStills veröffentlichten Video sieht man dagegen, wie die israelischen Polizisten in eklatantem Maße gegen diese Grundsätze der Genfer Konvention verstoßen.
In einem weiteren Video sieht man, wie die Grenzpolizisten Journalisten und Sanitäter treten und ein Kameramann, der eine deutlich sichtbare Presse-Weste trägt, nach Verletzungen unter Schmerzen in einen Krankenwagen verladen wird.
Die in London ansässige Organisation Medical Aid for Palestinians (MAP) hat in einer Stellungnahme verlangt, dass Israel für Gewalt gegenüber medizinischem Personal zur Verantwortung gezogen werden muss. „Es ist unabdingbar für Rettungssanitäter, ihre lebensrettende Arbeit machen zu können, ohne befürchten zu müssen, angegriffen zu werden“, sagte die Geschäftsführerin Aimee Shalan. Sie forderte Israel auf, unabhängige Untersuchungen zu Vorfällen von Angriffen auf medizinische Einrichtungen und medizinisches Personal zuzulassen, um sicherzustellen, dass sich derartige Gewalttaten nicht wiederholten.
Bereits im Juli dieses Jahres hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International dokumentiert, wie bis zu 200 schwerbewaffnete israelische Grenzpolizisten in Ost-Jerusalem zweimal das al-Makassed Krankenhaus gestürmt und auf der Suche nach verwundeten palästinensischen Demonstranten Krankenschwestern und Ärzte massiv bedroht und angegriffen hatten. Die Polizisten, so der Direktor des Krankenhauses, seien „wie hungrige Hunde auf der Suche nach ihrer Beute“ mit Maschinengewehren und Blendgranaten durch das Krankenhaus gejagt und hätten Personal und Patienten aggressiv zur Seite geschubst. Einen jungen Mann, der eine lebensgefährliche Schussverletzung in der Brust hatte, verfolgten die Grenzpolizisten bis in den Operationssaal. Dabei verhinderten sie auch die Behandlung des Verletzten, was im Ergebnis zu seinem Tod führte. „Ich hab mich noch nie so gefürchtet“, sagte eine Krankenschwester, die es miterlebte. „Es war Schubsen und Schreien. Ein totales Chaos … Und überall war Blut, auf dem Boden und an den Wänden.“
Amnesty International verurteilte die zweimaligen Übergriffe auf das Krankenhaus. „Das Verhalten der israelischen Kräfte, die gewalttätige Razzien im al-Makassed Krankenhaus durchführten und dabei Personal und Patienten terrorisierten und einschüchterten, ist absolut verwerflich. Es kann keine Rechtfertigung dafür geben, medizinisches Personal davon abzuhalten, sich um lebensgefährliche verletzte Patienten zu kümmern“, sagte Magdalena Mughrabi, stellvertretende Direktorin für den Mittleren Osten und Nordafrika von Amnesty International.
Eine Stellungnahme seitens der israelischen Behörden zu den extremen, internationales Recht verletzenden Ausfällen der israelischen Sicherheitskräfte im Juli in Ost-Jerusalem oder am Freitag in al-Bireh liegt nicht vor.