(PN) 25.05.2018 – Im politischen Berlin sind die Regierungspressekonferenzen, die dreimal wöchentlich stattfinden, Pflichtveranstaltungen für Parlamentskorrespondenten. Hier besteht die Möglichkeit, die Sprecher der jeweiligen Ministerien direkt zu aktuellen Vorgängen zu befragen, während man sonst bei schriftlichen Anfragen an die Pressestellen auf Antworten oft Tage warten muss. Beim Thema Israel und den inzwischen 120 toten und 13.190 verletzten Palästinensern kam es dabei letzte und diese Woche zu regelrechten Eiertänzen der Sprecher der Bundeskanzlerin und des Auswärtigen Amtes.

Wenn man sich die Protokolle der Regierungspressekonferenzen durchliest – deren Lektüre ausdrücklich empfohlen wird, weswegen wir sie hier veröffentlichen – wird einmal mehr deutlich: Deutlich will die Bundesregierung nicht werden. Ob die Kanzlerin neben dem israelischen Ministerpräsidenten Netanyahu auch den palästinensischen Präsidenten Abbas angerufen habe – keine Antwort. Ob die Kanzlerin ihr Entsetzen darüber zum Ausdruck brachte, dass Israel auf Demonstranten schießt und diese erschießt – die stellvertretende Regierungssprecherin – die über ein Jahrzehnt selber Parlamentskorrespondentin war und es als Journalistin besser wissen müsste – tut diese erwiesene Tatsache als „Interpretation“ ab, die sie sich nicht zu eigen machen will – und gibt keine Antwort.
Und bevor die Bundesregierung die vielen Toten zum Anlass nimmt, jene zu verurteilen, die sie getötet haben, verweist sie lieber darauf, die Hamas würde das Demonstrationsrecht auf „zynische“ Weise missbrauchen. (Dass es zynisch sei, Kindern in den Kopf zu schießen und sie zu töten, sagt die Bundesregierung nicht.) Damit macht sich die Bundesregierung in Anwendung der identischen Diktion die Verteidigungsreden Israels zu eigen, ohne zu berücksichtigen, wie viele tausend Demonstranten am Grenzzaun des Gazastreifens protestierten, weil sie keine Zukunft haben, arbeitslos sind, mit vier Stunden Strom am Tag und verseuchtem Wasser leben müssen und deshalb meinen, wie viele in Interviews sagen, dass sie „nichts mehr zu verlieren haben“. Und dass es nicht der Anstachelung einer Hamas bedarf, um diese Menschen, die seit über zehn Jahren im Gazastreifen eingesperrt sind, zum Protestieren zu bewegen.
Wir geben die entsprechenden Passagen der letzten drei Regierungspressekonferenzen zu dem Thema Gaza / Israel hier in den vom Bundespresseamt zur Verfügung gestellten Abschriften wieder. Anmerkungen in Klammern sind erläuternde Ergänzungen der PN Redaktion.
Beteiligt waren: Regierungssprecher Steffen Seibert und stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz für die Bundeskanzlerin; Sprecherin des Auswärtigen Amtes Maria Adebahr und Sprecher des Auswärtigen Amtes Herr Burger.
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Gewaltsame Proteste in Gaza
Dienstag, 15. Mai 2018
Frage: Ich möchte zum Thema Gazastreifen kommen. Herr Seibert, was sagt denn die Kanzlerin zu den vielen Toten gestern? Es gab 58 Tote und über 2700 Verletzte im Gazastreifen; viele Beobachter sprechen von einem Massaker der israelischen Armee. Wie bewertet das Frau Merkel? War das heute eigentlich ein Thema im Bundeskabinett?
StS Seibert: Ich kann Ihnen für die Bundeskanzlerin und für die Bundesregierung dazu Folgendes sagen: Was da geschehen ist, die schrecklichen Geschehnisse am Grenzzaun zwischen Israel und dem Gazastreifen, besorgt uns sehr. Es ist entsetzlich, dass so viele Menschen ihr Leben verloren haben, unter ihnen auch Minderjährige. Klar ist: Jeder hat das Recht auf friedlichen Protest. Aber ganz genauso klar ist, dass dieses Recht auf friedlichen Protest nicht missbraucht werden darf, um Gewalt anzustacheln – und die Hamas legt es auf eine Eskalation der Gewalt an. Das ist zynisch. Die israelische Regierung hat das Recht und sie hat die Pflicht, sowohl die Sicherheit ihrer Bürger als auch die Sicherheit ihrer Grenzen zu schützen. Dabei muss aber Verhältnismäßigkeit eingehalten werden, und das gilt insbesondere für den Einsatz von scharfer Munition. Wir sind besorgt, dass es in dieser jetzt sehr aufgeheizten Situation zu weiteren Eskalationen kommen könnte und rufen daher alle Parteien auf, zu einer Deeskalation der Lage beizutragen.
Zusatzfrage: Mich wundert, dass Sie das gestrige Vorgehen der israelischen Armee nicht scharf verurteilen, wie viele Alliierte Deutschlands das tun. Warum tun Sie das nicht? Ich höre da jetzt nur „Sorge“ heraus.
Habe ich das richtig verstanden, dass einige der Toten und Verletzten selbst schuld sind, weil sie ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und auf Proteste wahrgenommen haben? Können Sie das einmal erläutern?
StS Seibert: Ich würde Sie bitten, wirklich sehr genau hinzuhören, was ich gesagt habe – ich kann mich nicht erinnern, von „selbst schuld“ gesprochen zu haben. Ich habe gesagt, dass es ein Recht auf friedlichen Protest gibt; das gibt es nach unserer festen Überzeugung für jeden und überall in der Welt. Dieses Recht darf aber nicht missbraucht werden, und die Hamas legt es nach unserer Überzeugung genau auf die Eskalation der Gewalt an, die leider auch gestern wieder erlebt wurde, und das ist zynisch. Ich kann meine Erklärung jetzt nur noch einmal wiederholen. Ich denke, wenn Sie genau hinhören beziehungsweise wenn Sie sie genau nachlesen, dann werden Sie wissen, wie sie gemeint ist.
Zusatzfrage: Es gibt keine scharfe Verurteilung seitens der Bundesregierung?
StS Seibert: Ich habe mich so geäußert.
Frage: Macron hat sich letzte Nacht ja auch geäußert, und er hat genau diese Wortwahl gehabt: Er verurteilt die Gewalt der israelischen Streitkräfte gegen die Demonstranten. Angesichts der Wichtigkeit und Bedeutung der deutsch-französischen Zusammenarbeit in Europa: Warum kann die Bundesregierung eine solche Verurteilung nicht in ähnlicher Schärfe zum Ausdruck bringen?
StS Seibert: Wir stehen als Bundesregierung in sehr engem Kontakt mit den französischen Freunden, gerade auch was die Politik im Nahen Osten, im Mittleren Osten und mögliche Lösungswege betrifft. Ich habe mich hier für die Bundeskanzlerin und für die Bundesregierung geäußert.
Zusatzfrage: Macron wird – ich glaube, heute noch – mit Netanjahu sprechen; er hat gestern schon mit König Abdul und mit Abbas gesprochen. Werden ähnliche Initiativen – das sind ja auch Aktionen, die zum Ausdruck bringen, wie groß die Besorgnis ist – auch vonseiten der Regierungsspitze, vonseiten der Bundeskanzlerin in Angriff genommen werden?
StS Seibert: Wie immer hören Sie von uns von Telefonaten, wenn sie stattgefunden haben.
Zusatzfrage: Es ist also im Moment nichts geplant?
StS Seibert: Auch das habe ich nicht gesagt. Sie hören davon, wir berichten über Telefonate, die stattgefunden haben.
Frage: Südafrika hat wegen der Proteste unter anderem seinen Botschafter zurückbeordert. Frau Adebahr, gab es irgendeine diplomatische Aktion seitens des Auswärtigen Amtes? Wurde der israelische Botschafter eventuell wegen der Gewaltexzesse gestern einbestellt?
Herr Seibert, die USA haben gestern eine gemeinsame Erklärung des UN-Sicherheitsrats blockiert, in der unter anderem festgestellt wurde:
„Der Sicherheitsrat drückt seine Empörung und sein Bedauern über die Tötung palästinensischer Zivilisten aus, die ihr Recht auf friedlichen Protest ausübten.“
Wie gesagt, die USA haben diese Erklärung verhindert. Unter anderem wurde darin auch eine unabhängige Untersuchung der gestrigen Todesschüsse gefordert. Wie bewerten Sie die Blockade der USA?
Adebahr: Für das Auswärtige Amt kann ich sagen: Wir sind auf verschiedenen Ebenen über unsere Botschaften schon seit Längerem im Gespräch auch mit den israelischen Partnern; das habe ich hier auch schon gesagt. Diese Gespräche gehen fort, und die Position, die das Auswärtige Amt auch gestern in seiner Sprechererklärung noch einmal deutlich gemacht hat, ist den israelischen Partnern wohlbekannt. Über mehr kann ich hier im Moment nicht berichten.
StS Seibert: Ich kann für die Bundesregierung nur sagen, dass auch nach unserer Auffassung eine unabhängige Untersuchungskommission die geschehene Gewalt und die blutigen Zusammenstöße im Grenzraum aufklären könnte.
Zusatzfrage: Das ist neu, Herr Seibert, denn sonst haben Sie immer gesagt, dass die israelische Armee das aufklären solle. Woher kommt jetzt der Sinneswandel, dass es eine unabhängige Untersuchung geben soll? Das ist ja interessant.
StS Seibert: Ihre Wertung meiner Sätze ist Ihnen vollkommen überlassen. Ich habe die Auffassung der Bundesregierung zu diesem Thema zum Ausdruck gebracht.
Frage: Vielleicht kann Frau Adebahr von diplomatischer Seite noch ein bisschen erläutern, in welchem Format sich die Bundesregierung für eine unabhängige Untersuchung einsetzt? Im Sicherheitsrat geht es ja nicht weiter. Soll es jetzt im Menschenrechtsrat weitergehen, oder wo genau soll das jetzt durchgesetzt werden?
Adebahr: Der Sicherheitsrat tagt heute um 18 Uhr Ortszeit, glaube ich, noch einmal, und da gehen die Beratungen weiter. Es gibt jetzt diese Gespräche. Wir sind im Moment nicht Mitglied des Sicherheitsrats, insofern kann ich die dortigen Gespräche von hier jetzt nicht kommentieren. Ich glaube, wir haben den israelischen Partnern in den letzten Tagen klar gemacht, wie wir den Konflikt dort sehen.
Zusatzfrage: Setzt sich die Bundesregierung für eine Sondersitzung des Menschenrechtsrats zu den Geschehnissen in Gaza ein?
Adebahr: Davon kann ich Ihnen hier im Moment nicht berichten. Wie gesagt, das sind Gespräche, die angesichts der gestrigen Ereignisse jetzt erst in New York und womöglich in Genf geführt werden.
Frage: Frau Adebahr, in der Sprechererklärung heißt es, dass der Einsatz scharfer Munition seitens der israelischen Armee nur dann legitim sei, wenn zuvor andere, mildere Mittel der Abwehr gescheitert seien. Die israelische Armee argumentiert ja nun genauso. In früheren Erklärungen des Auswärtigen Amtes an dieser Stelle hatte Ihr damaliger Sprecherkollege noch gesagt, der Einsatz scharfer Munition gegen Demonstranten sei grundsätzlich abzulehnen. Das ist jetzt eine Relativierung oder Verschärfung beziehungsweise – je nachdem – Abmilderung der Position. Worauf basiert die?
Zweitens. Haben Sie konkrete aktuelle Zahlen über Opfer, Getötete, Erschossene?
Adebahr: Die Interpretation unserer Erklärung überlasse ich Ihnen. Ich glaube, was dieser Satz deutlich machen wollte und was wir hier im Laufe der letzten Wochen auch schon immer deutlich gemacht haben, ist, dass es um das Prinzip der Verhältnismäßigkeit geht, das man wahren muss. Auf der einen Seite hat man eben das Recht auf einen friedlichen Protest, und auf der anderen Seite hat Israel das Recht, den Zaun zu schützen, muss dabei aber verhältnismäßig und in einer Art und Weise, die der Situation gerecht wird, vorgehen. Auch das sollte dieser Satz in der Erklärung gestern, glaube ich, zum Ausdruck bringen.
Die Zahlen, die uns vorliegen, sind: 59 Tote, darunter auch Kinder, und 2700 Verletzte.
Frage: Frau Adebahr, Sie hatten gestern, glaube ich, zum allerersten Mal – das habe ich noch nie von der Bundesregierung gehört – das Wort „Nakba“ in den Raum gebracht. Was versteht die Bundesregierung darunter?
Adebahr: Ich habe damit einfach den Namen eines Feiertages oder eines Tages, der in der arabischen Welt begangen wird, beschrieben. Ich wollte keinerlei Wertung oder sonstige Interpretation in diesen Begriff gelegt wissen und möchte ihn hier auch nicht weiter mit einer Ausdeutung versehen. Es war der Name dieses Tages.
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Freitag, 18. Mai 2018
Frage: Ich wollte zum Thema Gaza kommen, zunächst einmal an Frau Fietz gerichtet. Herr Seibert hat ja bekannt gegeben, dass die Kanzlerin mit Herrn Netanjahu telefoniert hatte, am Dienstag, wenn ich richtig informiert bin. Warum hat die Kanzlerin denn nicht auch mit Herrn Abbas oder wie Herr Macron mit dem Jordanischen König telefoniert? Hat sie ihn nicht erreicht?
SRS’in Fietz: Die Kanzlerin hat mit Herrn Netanjahu telefoniert. Ansonsten kann ich Ihnen über Telefonate der Kanzlerin keine Auskunft geben.
Zusatzfrage: Das ist schon klar. Aber warum hat die Kanzlerin nicht zum Beispiel mit der palästinensischen Seite geredet, wie Herr Macron es getan hat?
Zweite Frage: In der Mitteilung, die Herr Seibert herausgegeben hat, steht dazu nur, dass sie ihre Sorge über die Eskalation der Gewalt ausgedrückt habe. Hat Frau Merkel denn Herrn Netanjahu aufgefordert, dass die israelische Armee nicht mehr auf unbewaffnete, friedliche Demonstranten, die es im Gazastreifen ja auch gibt, schießen soll?
SRS’in Fietz: Ich darf vielleicht wiederholen, was hier schon Anfang der Woche dazu gesagt worden ist … (Anm.: liest aus dem Protokoll der vorherigen Pressekonferenz ab) … nämlich dass die schrecklichen Geschehnisse am Grenzzaun zu Israel und im Gazastreifen die Bundesregierung sehr besorgen, dass es entsetzlich ist, dass so viele Menschen bei diesen Auseinandersetzungen ihr Leben verloren haben, und gleichzeitig, dass die israelische Regierung das Recht und die Pflicht hat, sowohl die Sicherheit ihrer Bürger als auch die Sicherheit ihrer Grenze zu schützen, und dass dabei die Verhältnismäßigkeit zu beachten ist.
Zusatzfrage: Aber die Frage bezog sich auch darauf, dass Menschen dort ja nicht ihr Leben verloren haben. Die wurden erschossen. Hat die Kanzlerin gegenüber Herrn Netanjahu denn verurteilt, dass die israelische Armee auf Menschen schießt und sie erschießt?
SRS’in Fietz: Ihre Interpretation mache ich mir hier nicht zu eigen.
Zuruf: Das ist keine Interpretation!
SRS’in Fietz: Ich kann Ihnen nur darüber Auskunft geben, dass die Bundeskanzlerin grundsätzlich ihre Sorge über die Eskalation der Gewalt zum Ausdruck gebracht hat, aber auch betont hat, dass sie Verständnis für die Sicherheitsbelange Israels hat.
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Zum Beschluss des UN-Menschenrechtsrates über die Entsendung einer unabhängigen Untersuchungskommission zur Untersuchung der gewaltsamen Auseinandersetzungen an der Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel
Mittwoch, 23. Mai 2018
Frage: Wahrscheinlich an Herrn Burger, zum UN-Menschenrechtsrat: Dieser hat jetzt eine Untersuchungskommission in den Gaza-Streifen entsandt. Vor ein paar Tagen wurde mehrheitlich dafür gestimmt. Mich würde interessieren, wie das Abstimmungsverhalten Deutschlands war.
Die Frage beruht darauf, dass die Israelis die Botschafter von Spanien, Belgien und Slowenien einbestellt haben, weil diese Länder für die Entsendung einer Untersuchungskommission gestimmt haben. Auch Herr Seibert hat letzte Woche eine unabhängige Untersuchung ins Spiel gebracht. Ich gehe also davon aus, dass Deutschland für diese Untersuchungskommission gestimmt hat.
Burger: Lassen Sie mich das vielleicht einmal einordnen. Wir haben hier wiederholt begrüßt, dass die israelische Regierung vor ca. vier Wochen eine Untersuchung der Vorkommnisse angekündigt hat. Wir erwarten nun die Ergebnisse dieser Untersuchung. Zunächst einmal ist es Aufgabe der israelischen Seite, diese Vorfälle in einer transparenten und nachvollziehbaren Weise aufzuklären.
Eine unabhängige und transparente Untersuchung der aktuellen Vorfälle kann einen Beitrag zur Entspannung und Aufarbeitung der Vorkommnisse leisten. Dazu ist es notwendig, dass die Untersuchung ohne Vorverurteilung erfolgt und mögliche Rechtsverletzungen auf beiden Seiten thematisiert. Dabei müssen die berechtigten Anliegen beider Seiten – das legitime Interesse Israels am Schutz seiner Grenzen ebenso wie das Recht der Palästinenser, friedlich zu demonstrieren – berücksichtigt werden.
Deutschland hat dazu in den letzten Tagen intensive Gespräche mit EU-Partnern, mit der israelischen und der palästinensischen Seite sowie mit den USA geführt. Bis unmittelbar vor der Abstimmung wurde über den Text dieser Resolution im Menschenrechtsrat verhandelt. Es wurden auch noch einige Änderungen im Text vorgenommen. Aber auch der endgültige Text lässt an der Unvoreingenommenheit dieses Untersuchungsmandats zweifeln. Aus diesem Grund hat sich Deutschland bei der Abstimmung enthalten.
Zusatzfrage: Was konkret war an dem Text problematisch?
Burger: Die Punkte, die ich eben genannt habe. Es ist notwendig, dass die Untersuchung ohne Vorverurteilung erfolgt, dass mögliche Rechtsverletzungen auf beiden Seiten thematisiert werden und dass die berechtigten Anliegen beider Seiten – Israels Interesse am Schutz seiner Grenzen und das Interesse der Palästinenser, friedlich demonstrieren zu können – dabei angemessen berücksichtigt werden. Das war in der letzten Fassung des Textes aus unserer Sicht nicht in hinreichender Form gegeben.
Zusatzfrage: Noch eine Lernfrage: Die Bundesregierung spricht von Grenzen. Das ist ja keine wirkliche Grenze. Es ist ja keine Grenze zwischen zwei souveränen Staaten, sondern zwischen dem Gazastreifen und Israel. Warum sprechen Sie also von „Grenze“?
Burger: Das ist die Grenze des israelischen Staatsgebiets.
Zusatz: Eine Grenze gibt es nur zwischen zwei Staaten, Herr Burger.
Burger: (Anm.: schweigt ratlos, dann) Ja? Glauben Sie?
Zusatz: Ja. Das ist ja ein Fakt.
Burger: (Anm.: lächelt unsicher, sagt nichts, schaut verlegen um sich)
Vorsitzende Wefers: (Anm.: greift helfend ein) Dann bleibt das hier einmal so stehen.
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Und so endet das Thema zwischen Regierungsvertretern und Hauptstadtjournalisten. Obwohl es doch noch angebracht gewesen wäre, zu erwähnen, dass Israel seine Grenzen zu Palästina – aus naheliegendem Grund – bis heute nicht definiert hat und nicht zu definieren bereit ist. Und dass Israel damit das einzige Land auf der Welt ist, das keine endgültig festgelegten Grenzen hat.
Der Sprecher des Auswärtigen Amtes ist sich dessen offensichtlich nicht bewusst. Und für die Bundesregierung ist es allemal leichter, die Fakten zu ignorieren und von dem Verteidigungsrecht „der Grenze“ zu sprechen. Anderenfalls würde ein elementares Argument zur Verteidigung der Gewaltanwendung Israels entfallen.
Eiertänze und verzweifelte Versuche. Die Regierungspressekonferenzen zum Thema Gaza und Israel hinterlassen einen verstörenden Eindruck.
Zweitausend Jahre Herrschaft von Adel, Fürsten und Kaisern haben in Deutschland den Charaktertypen des Fürstenbüttels und Hofschranzen hervorgebracht. Da sich nationale Konditionierungen nicht in wenigen Generationen ändern lassen, steht er in moderner Form auch heute noch den herrschenden Eliten und Mächten zu Diensten.
Das tritt zum Beispiel deutlich zu Tage in der Willfährigkeit von Politikern aller Parteien und ihren subalternen Beamten, von Redakteuren der Medien, Kirchenobersten und Wissenschaftlern gegenüber der in Deutschland sehr aktiven Israellobby, die so mit Unterstützung der Israelischen Botschaft, der meisten jüdischen Kultusgemeinden und der Deutsch-Israelischen Gesellschaft leichtes Spiel hat, die öffentliche Meinung zu manipulieren und so von der Realität in Israel/Palästina abzulenken.
Es zeigt sich der gleiche Charaktertypus, der noch vor nicht allzu langer Zeit Hitler an die Macht brachte und zu seinem willigen Vollstrecker wurde. Gewissen- und Empathielos, frei von moralisch-ethischen Skrupeln und nur bedacht, materielle Karriere zu machen.
Hier findet sich einer der Gründe, warum diverse an den Menschenrechten und am Völkerrecht orientierte propalästinensische und israelkritische Organisationen oder Einzelpersonen mit Missachtung, Behinderungen und Verboten zu rechnen haben, wenn sie durch Petitionen und Veranstaltungen auf die unhaltbare Situation in Israel/Palästina hinweisen wollen. Am Ende ohne die Chance einer Änderung der deutschen Politik gegenüber Israel.
W.Behr DE-88634
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